So. Nachdem ich inzwischen etwas mehr überblick habe, ist es Zeit nochmal etwas genauer auf das Training einzugehen.
Die erste Hälfte des Trainings vor dem Frühstück besteht bei mir meistens aus Dehnübungen und/oder Laufen. Manchmal, so wie heute, kommt es aber auch vor dass einer der Meister auf die Idee kommt schonmal den Grundstein für die Müdigkeit am Abend zu legen.
Die zweite Hälfte dieses Trainings besteht dann aus dem schon einmal erwähnten Qi Gong.
Man kann sich das ungefähr so vorstellen, dass man sich entspannt hinstellt, und dann eine Reihe von langsamen kreisförmigen Armbewegungen macht. Langsam bedeutet in diesem Fall etwa zwei Minuten pro Bewegung. Der offizielle Zweck dieser Übung ist das sammeln des berüchtigten Chi. Für mich persönlich ist das bis jetzt einfach eine Art Meditation mit Bewegung.
In den drei nächsten Trainingseinheiten findet dann das normale Training statt.
Nach dem Jogging gibt es normalerweise einen kleinen Teil des schon einmal beschriebenen Konditionstrainings mit Sprinten, Rückwärtslaufen und Hüpfen. Die Aktionen wandeln sich dann jedoch, so dass mehr Koordination und Basistechniken als Ausdauer trainiert werden.Die Bandbreite der Komplexität reicht hier vom simplen Seitwärtslaufen mit synchronisierter Oberkörperdrehung, über Kicks die in kleine Abläufe eingebettet sind, bis zu einigen Bewegungen, die wahrscheinlich mit dem eingesprungenen Grottenolm verwandt sind.
Nach dieser Phase des Trainings gibt es dann verschiedene Möglichkeiten wie es weitergehen kann.
Kampftraining. Üben mit Pratzen, Sparring oder Ringen. Viel mehr gibt es dazu gar nicht zu sagen. Beim Ringen habe ich eines der beeindruckensten Ereignisse hier erlebt, als der Sanda Meister, der einen Kopf kleiner ist als ich und weniger als 60kg wiegt, den weder schwächlichen noch unbegabten Kacey zu Boden geworfen hat, der seinerseits einen Kopf größer ist als ich, und um die 100kg wiegen dürfte.
Powerstretching. Eines von unangenehmsten Sachen die ich bis jetzt erlebt habe, undmeiner Meinung nach auch nicht immer gesund. Aber irgendwie hilft es tatsächlich. Es handelt sich dabei um Dehnübungen mit Unterstützung. Das bedeutet ein Kollege hält einen fest, während der andere einen in Positionen biegt die man niemals freiwillig einnehmen würde. Ok, eine Ausnahme ist ein Kerl namens Gorran, der sich selbst dehnen kann bis er anfängt zu schreien. Die Strategien im Umgang mit den Schmerzen sind unterschiedlich. Manche Leute schreien einfach, andere betteln, fluchen oder drohen. Ich persönlich bevorzuge es die Matte zu schlagen, was die anderen hier recht amüsant finden 😉
Two Lines. Das sind die Worte mit denen ein weiterer Trainingsmodus eingeleitet wird, derhauptsächlich dadurch auszeichnet, dass die Schüler in zwei Reihen mit etwas Abstand zueinander aufgestellt sind. An Ort und Stelle werden dann verschiedenste Übungen durchgeführt. Liegestütze, Kniebeugen, Dehnübungen, Halten von verschiedenen, auf Dauer anstrengenden Stellungen sowie Reaktionsspielchen mit dem schnellstmöglichen Einnehmen von bestimmten Positionen. Typischerweise droht dem Letzten dabei ein leichter Stockhieb zur Motivation 😉
Akrobatik auf der Matte. Im Grunde handelt es sich dabei um Bodenturnen. Es fängt an mit Rollen vorwärts und rückwärts, Handstand mit Abrollen in beide Richtungen, Rad und so weiter. Dann gibt es noch ein paar mehr oder weniger eingedrehte Sprungkicks mit Landung im Liegen. Ich kann natürlich lange nicht alles. Gerade bin ich dabei den “Kickup” zu lernen. Haben sicher die Meisten schon einmal gesehen. Man rollt sich aus der Rückenlage leicht zurück, stösst sich dann neben dem Kopf mit den Händen ab, und kommt dann idealerweise auf den Füßen zum stehen. Ich bin mal gespannt ob es mir gelingt das in der verbleibenden Zeit noch zu lernen.
Schliesslich noch das Erlernen oder Üben von Formen. Es handelt sich dabei um feste Bewegungsabläufe, in denen verschiedene Stellungen und Techniken aneinandergereiht werden. Hier zeigt sich mal wieder, dass ich wahrlich kein Naturtalent in Sachen Bewegung bin. Es wird wohl noch eine Weile Dauern bis ich mich an die Bewegungsmuster hier gewöhnt habe, die doch sehr verschieden von allem sind, was ich bis jetzt gemacht habe. Das ist aber auch das für mich Interessante daran, das mir Spass macht. Können und Nichtkönnen ist sowieso eine relative Sache hier. Auch der beste Schüler unserer Gruppe, der die ganzen Bewegungen in beeindruckender Qualität beherrscht, und nicht umsonst den Spitznamen “Papa Shaolin” trägt, sieht im Vergleich zum Meister selbst dann doch recht blass aus.
Im letzten Training des Tages steht es dann in unserer Gruppe jedem frei was er trainieren möchte. Ich nutze dies meistens um meine Waffenform mit dem Stab zu üben.
Soviel für heute.Viele Grüße,
Johannes