März 2009 archive

Spiegelkauf

Gestern war ich also wieder mal in der Stadt.
Zum Einen war ich beim Friseur, und zwar zum ersten Mal seit Beginn der 90er Jahre 😉
Und dann habe ich es erstaunlicherweise sogar geschafft den Spiegel zu kaufen.

Begonnen habe ich meine Suche in dem vor einiger Zeit schon einmal erwähnten Flohmarkt. Der einzige dort käuflich zu erwerbende Spiegel war jedoch in einen ausladenden pinkfarbenen Plastikrahmen eingefasst, also eher nicht das was ich suchte. Ein Stand hatte jedoch Regale deren Fächer mit Spiegeln hinterlegt waren. Ich habe dann der Verkäuferin klargemacht dass ich so einen Spiegel möchte, nur in einer anderen Größe, woraufhin sie mich auf chinesisch vollgequasselt hat, wovon ich natürlich kein Wort verstanden habe. Schliesslich hat sie mir dann ein vier Schriftzeichen auf einen Zettel geschrieben und nach draussen gezeigt.

Damit bin ich dann also auf die Straße und habe den Zettel drei Rikschafahrern gezeigt die dort gewartet haben. Für die war es aber offensichtlich ein Rätsel was darauf stand. So habe ich dann schliesslich einem der Fahrer mittels Zeichensprache mitgeteilt was ich eigentlich möchte, und der hat mich dann zu einer Werkstatt gefahren wo ziemlich große Spiegel und Glasscheiben zugeschnitten wurden. Aus einem Reststück habe ich dann gleich zwei Spiegel in der gewünschten Größe bekommen. Als ich dann bezahlen wollte, haben mich die Leute angeschaut als wäre ich verrückt, haben dann aber auf Nachfrage 2 Kuai genommen – also etwa 20 Cent.

Alles in allem für mich eine interessante Erfahrung, was man erreichen kann ohne wirklich mit den Leuten reden zu können. Wahrscheinlich wäre es in Deutschland sogar schwieriger gewesen an den Spiegel zu kommen.

Viele Grüße,
Johannes

p1000321

Meinereiner kurz nach dem Haare schneiden, wens interessiert 😉

Wieder mal eine Woche vorbei

Diese Woche war recht anstrengend  im Vergleich zu der davor. Einzig heute, also Freitag, Nachmittag, gab es als Entspannungsprogramm einen Spaziergang durch die Burg, nachdem vormittags nochmal die letzten Reserven für das Konditionstraining mobilisiert wurden. Für diejenigen, die das zu Hause mal nachmachen wollen, man nehme eine Strecke von etwa 60m oder auch 30m hin und zurück wie hier in der Halle, und führe dann darauf folgende Aktionen so schnell wie möglich aus:

2x Sprint
Rückwärtslaufen
Sprünge aus der Hocke
Hüpfen auf einem Bein
Hüpfen auf dem anderen Bein
Sprünge mit beiden Beinen
Sprünge mit beiden Beinen rückwärts
Laufen in der gehockten Position. Manche Leute nennen das glaube ich Entengang.
Laufen auf allen vieren
Hüpfen in der Liegestützposition
Hüpfen auf einem Bein, während ein Kollege das freie Bein trägt
das selbe auf dem anderen Bein
Den Kollegen auf dem Rücken tragen

Danach folgen dann noch ein paar Übungen an Ort und Stelle, wie Kniebeugen, Liegestütze, Sprünge oder das Halten von irgendwelchen Stellungen.

Was ist sonst noch passiert? Ich habe bei einem zwei gegen eins Sparring zusammen mit meinem Partner den deutlich Kürzeren gezogen und ich habe ein paar Geheimtechniken gelernt ;). Ausserdem hat der Meister  mir den etwas rätselhaften Auftrag gegeben ihm einen etwa Din A4 großen Spiegel in der Stadt zu kaufen. Rätselhaft insbesondere deswegen, weil er das irgendwie geheimhalten wollte und auch der Übersetzer nichts davon erfahren sollte. Es hat deswegen auch  etwas gedauert bis er mir klar machen konnte was er möchte.

Mehr demnächst 🙂
Viele Grüße,
Johannes

Yehe

Yehe ist der Name des größten Dorfes hier in der Umgebung. Es hat zwar nur etwa 1000 Einwohner, stellt aber eine Art Zentrum für die ganzen kleinen Siedlungen hier dar. Es gibt dort alle möglichen Läden, Krankenhaus, Post und eine Wäscherei, die vor ein paar Tagen aufgesucht haben. Bei dieser Gelegenheit sind die nachfolgenden Fotos entstanden. Es ist nicht ganz einfach den Eindruck den man hier erhält auf Bildern einzufangen. Was hier vielleicht noch nicht so gut rüberkommt ist, dass ziemlich viel Müll in der Gegend herumliegt und viele Hühner, Gänse und Enten herumlaufen. Sämtliche Tiere sind hier übrigens freilaufend, wenn sie nicht gerade durch die Gegend gefahren werden wie die Pferde auf dem blauen Lastwagen.
Eher untypisch ist, dass so wenige Menschen auf den Straßen sind. Das lag daran, dass der Tag ziemlich verregnet war. Normalerweise war immer deutlich mehr los.

Viele Grüße,
Johannes

p1000147p1000153p1000146p1000145img_3948img_3910

Wenn mal kein Schachtdeckel zur Hand ist...

Wenn mal kein Schachtdeckel zur Hand ist...

Die genaue Position

Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an die Landkarte aus dem ersten Post. Ich habe inzwischen herausgefunden wo die Schule genau liegt, und dies im Bild unten mit dem roten Kreis markiert. Der gelb markierte Abschnitt der Strasse ist die Strecke, die jeden Tag etwa zwei mal zum Jogging verwendet wird.

Viele Grüße,
Johannes

detailmap

Restaurantbesuche

Dieses Wochenende war gemeinsames Weggehen mit meiner Gruppe samt Meister angesagt.
Wir waren in einem Restaurant wo sich in der Mitte der Tische ein über einer Gasflamme angebrachter Kessel mit kochendem Wasser befand. Man hat dann hauptsächlich dünn geschnittenes Fleisch und Wurst bekommen, was man dann in den Topf geworfen und nach kurzer Zeit wieder herausgefischt hat um es zu verzehren. Durch dieses Verfahren gestaltete sich das Essen nicht wirklich effizient, aber dafür sehr gesellig 🙂

Zu dem Fleisch gab es dann verschiedene Soßen und Dips, welche bis auf eine schlicht und einfach scharfe Variante alle sehr uneuropäisch geschmeckt haben. Ich werde mir noch eine Weile Zeit lassen, bevor ich entscheide ob mir das nun gut oder schlecht schmeckt.

Wie auch letztes Wochenende hat sich wieder gezeigt, dass Restaurantbesuche zu den Dingen gehören die hier im Vergleich zu Deutschland wirklich günstig sind. Die gesamte Aktion hat inklusive dem Bier, um die gesamte Mannschaft betrunken zu machen, umgerechnet ungefähr 2 Euro pro Person gekostet.

Was auch beachtenswert ist, sind die Jobs die die Leute hier ausführen.
So gab es zum Beispiel eine Frau am Eingang des Restaurants, die sich nicht vom Fleck bewegt hat und ausschließlich Gäste begrüßt und verabschiedet hat. Oder die zwei Einweiser für den Parkplatz  mit vielleicht 10 Stellplätzen, die dort ausschliesslich darauf gewartet haben dass ein Gast mit Auto ankommt, um diesem dann beim Parken behilflich zu sein. Dies kommt allerdings nur selten vor, da nur wenige Chinesen ein Auto besitzen, und 95 Prozent des Verkehrs aus Taxis und Bussen besteht.
Wenn allerdings tatsächlich mal jemand Parken will, dann ist die Hilfe nachdem was ich gesehen habe auch bitter notwendig. Rückwärts einparken ist hier definitiv keine weit verbreitete Fähigkeit.

Bis demnächst,
Johannes

Schulpolitik und mehr

In einer Sache hatte ich wohl ziemliches Pech. Und zwar wurden ungefaehr einen Monat vor meiner Ankunft hier saemtliche Meister entlassen, nachdem sie teilweise 10 Jahre oder mehr hier unterrichtet hatten.

Der Grund dafuer war wohl, dass eine neue Schulleiterin eingesetzt wurde, die dann innerhalb kurzer Zeit verschiedene Aenderungen angeordnet hat, die bei den Meistern keine Zustimmung gefunden haben. Nach diversen Streitigkeiten kam es dann letztendlich zu der Entlassung. Einige der Schueler haben daraufhin aus Protest ebenfalls die Schule verlassen.

Es gab dann zwei oder drei Wochen gar kein offizielles Training, bis dann die neuen Meister gefunden waren, die jetzt unterrichten. Immerhin bin ich nicht in dieser unguenstigen Phase hier eingetroffen.

Es ist natuerlich schade, dass ich praktisch zu spaet hier aufgetaucht bin, da die vorigen Meister laut Berichten der schon laenger anwesenden Schueler deutlich erfahrener und besser waren als die jetzigen. Andererseits kann ich schwer vermissen was ich nicht kenne, und mein Meister ist ein liebenswerter Kerl, der seine Disziplin hervoragend beherrscht, auch wenn er mit 21 Jahren sicher noch nicht der beste Lehrer ist. Seine Ausbildung hat er im Shaolin Tempel erhalten, er ist jedoch kein Moench. Der Unterricht ist fuer ihn ein normaler Job.

Ansonsten hat er zwei Seiten. Eine ernste, mit der er uns gnadenlos antreiben kann seine Liste der Konditionsuebungen durchzuarbeiten. Gestern zum Beispiel habe ich irgendwann die Stockhiebe dem weiteren verharren in der Handstandposition vorgezogen. Die zweite Seite ist sein extrem kindliches Gemuet. Ich habe sowas noch nie gesehen bei jemand ueber 20. Ich denke es kommt auch daher, dass er in seinem Leben ausser Training noch nicht viel erlebt hat. Es aeussert sich dann darin, dass er riesige Felsbrocken den Abhang hinunterrollt wenn sich die Moeglichkeit dazu ergibt, sich von den Schuelern  mehrere Meter hoch in die Luft katapultieren laesst oder auf der Burgmauer am Abgrund von Zinne zu Zinne zu huepft.

So, das wars fuer heute. Viele Gruesse,

Johannes

Das Essen

Die letzten Tage hat der Internetzugang hier nicht funktioniert. Deswegen erst heute ein neuer Eintrag. Dafür ist es jetzt nach der Reparatur ungefähr 30 mal so schnell 🙂

Die Zeit vergeht für mich hier ausserdem erschreckend schnell. Diese Woche habe ich irgendwie einen Tag nicht registriert und bis vor wenigen Stunden war ich noch der Meinung heute wäre Donnerstag. Nun aber zum eigentlichen Thema:

Das Essen hier in der Schule kann man sich als eine Art Kreuzung aus deutschem Chinarestaurant, Mensa an der Uni und dem “echten” chinesischen Essen, wie ich es aus den Restaurants hier kenne, vorstellen.

Zum Frühstück gibt es immer das selbe. Ich persönlich lasse die Reissuppe aus, und konzentriere mich eher auf das Hefezopf ähnliche Brot, dessen Nährwert ich mit selbst gekauftem Honig aufwerte.

Frühstück

Frühstück

Zu Mittag und Abendessen gibt es ungefähr die Speisen, die auf dem zweiten Bild zu sehen sind. Insgesamt gibt es etwa drei mal so viele Einzelkomponenten, die dann in unterschiedlichen Kombinationen auftauchen. Meistens ist es ein Behälter mit Fleisch, zwei mit Gemüse, einer mit sonstigem Kram wie Rührei. Den Reis am Ende gibt es immer.

Mittag oder Abendessen

Mittag oder Abendessen

Schmecken tut das Essen ganz gut. Problematisch ist allerdings, dass es nur drei Mahlzeiten am Tag sind.Vor allem direkt nach einem anstrengenden Training ist es schwierig, dort soviel auf einmal zu essen, dass der Energiebedarf gedeckt ist.
Der Übersetzer Jimmy hat schon angemerkt, dass ich so aussehe als ob ich Gewicht verliere. Ich bin jetzt dabei verschiedene Dinge aus dem Supermarkt wie Schokoriegel und Nüsse als Zwischenmalzeiten zu testen.

Viele Grüsse,
Johannes

Die Treppe™

Heute hatten wir zum ersten Mal das Vergnügen die Treppe hinaufzurennen anstatt normal zu laufen. Und Nachmittags dann gleich nochmal. Bei der Anzahl der Stufen ist mir das letzte Mal übrigens ein Fehler unterlaufen, es sind 343 Stufen, nicht 243.

Bevor es zur Treppe geht ist jedoch erst einmal ein paar Kilometer joggen angesagt. Danach gibt es eine gemütliche Verschnaufpause in der Sonne auf den großen Betonstufen direkt am Ufer.
Die Treppe selbst ist recht anstrengend. Zumindest von den Schülern ist niemand in der Lage sie in einem Zug nach oben zu rennen.
Bei meinem ersten Versuch habe ich es ungefähr bis zur Hälfte geschafft, und mich dann den Rest so nach oben geschleppt.
Beim zweiten Mal habe ich auf den Absätzen jeweils 2 bis 3 Sekunden Pause gemacht, konnte dafür jedoch alle Stufen rennen. Mein jahrelanges Training im Treppenhaus scheint sich jetzt auszuzahlen 😉

Bis demnächst,
Johannes

p1000123p1000125p1000126p1000136

Ein Überblick über das Training

Die zweite Woche ist zu Ende, und die letzten Reste der Farbe sind auch endlich aus meinem Gesicht verschwunden.

Wie kann man sich also das Training hier vorstellen?
Zuerst einmal gibt es hier vier verschiedene Meister und somit auch vier verschiedene Gruppen, die unterschiedliche Disziplinen trainieren.

In der ersten Gruppe wird Tai Chi unterrichtet. Das Training besteht dort, nach ein paar Runden Laufen zum Aufwärmen, aus dem Erlernen und Ausführen der typischen Zeitlupenartigen Bewegungsabläufe. wenn man in dieser Gruppe trainiert hat man noch die Möglichkeit sich zwischen etwa fünf verschiedenen Unterarten des Tai Chi zu entscheiden, aber damit kenne ich mich nun wirklich nicht aus, und meine Kontaktpersonen in dieser Gruppe auch nicht.

Mit der zweiten Gruppe kenne ich mich am wenigsten aus bis jetzt, was auch daran liegt dass sie aus nur zwei Schülern besteht. Die Disziplin nennt sich Baji. Die meiste Zeit werden dort zu zweit ausgeführte feste Kampfabläufe trainiert. Der Fokus liegt auf eher unsportlichen Techniken wie Angriffe gegen die Augen oder Tiefschläge und es gibt keine hohen Tritte.

Als nächstes gibt es die Shaolin Gruppe, in der ich mich befinde. Das Training besteht aus verschiedenen Elementen: Konditionstraining, Stretching, Shaolin Bewegungsformen, ein bisschen Kickboxen und die eine oder andere langsame Tai Chi Form.

So wie es erklärt wurde, geht es beim Training dieser Gruppe darum Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination zu schulen, um dies als Fundament für praxisorientiertes Kampftraining zur Verfügung zu haben.

Die anstrengenden Sachen sind die Formen und natürlich das Konditionstraining. Aber auch nicht über die Maßen. Das Kickboxen in Deutschland dürfte zum Beispiel intensiver gewesen sein. Der Muskelkater hier kam durch die ungewohnte Belastung und durch die Menge. Inzwischen habe ich mich offensichtlich schon daran gewöhnt, habe keinen wirklichen Muskelkater mehr und kann die Übungen mit weniger Anstrengung ausführen.

Als letztes bleibt noch die Sanda Gruppe. Da Sanda die chinesische Bezeichnung für Kickboxen ist, wird hier die meiste Zeit praxis- und wettkampforientiert Schläge, Tritte und entsprechende Kombinationen trainiert. Ausdauertraining und Stretching gibt es natürlich auch in dieser Gruppe.

Für Schüler aus allen Gruppen gibt es ausserdem in der ersten Trainingseinheit morgens das Qi Gong Training. Was das genau ist, weiss ich selbst noch nicht so genau, da bis jetzt nur wenige Erklärungen dazu abgegeben wurden. Die Übung besteht prinzipiell darin ein paar einfache Bewegungen langsam und wiederholt auszuführen und dabei auf eine bestimmte Weise zu atmen.

Ab und an gibt es noch Kämpfe zwischen der Shaolin und der Sanda Gruppe. Manchmal Ringen, machmal Kickboxen. Die Kampfpartner werden von den beiden Meistern festgelegt, und manchmal wundert man sich über die Paarungen.
Mein Partner, gegen den ich nun schon wiederholt gekämpft habe, heisst Chris und wiegt 15 bis 20 kg mehr als ich. Beim Ringen besiege ich ihn, beim Kickboxen sieht es schlecht aus, und ich habe schon kräftig auf die Nase bekommen. Auch nach mittlerweile 11 Tagen spüre ich das noch ein wenig.

Ich hoffe ihr könnt euch nun eine ungefähre Vorstellung vom Training hier machen. 🙂

Viele Grüsse,
Johannes

Test Day

Der Tag verlief erst mal recht unspektakulär. Alle haben ihre einstudierten Bewegungsformen vor den Meistern, den Schulleitern und den anderen Schülern vorgeführt. Auch bei mir hat das wunderbar geklappt. Jeder hat eine Bewertung in Form einer Zahl zwischen 1 und 100 erhalten, an der man dann im Lauf der Zeit, das heisst wenn man weitere Bewertungen erhält, die eigene Entwicklung sehen kann. Soweit ich mich erinnere habe ich 65 bekommen.

In der Mittagspause habe ich dann dank meiner indischen Mitschüler erfahren, dass heute das indische Farbenfest ist. Was das ungefähr bedeutet könnt ihr auf den Fotos sehen.

p1000099p1000107

Heute Nachmittag gab es dann noch einen enspannenden Spaziergang zum noch zugefrorenen See hinunter, über die spezielle Trainingstreppe mit genau 243 Stufen selbstverständlich.

Bis demnächst,

Johannes

1 2