Die Mitschüler

Heute möchte ich ein paar Worte zu den Leuten verlieren die zusammen mit mir hier an der Schule sind.

Die jüngsten Beiden sind 16 Jahre alt. Einer davon ist eher zwangsweise auf Wunsch seines Onkels hier. Ein recht hartes Los meiner Meinung nach. Viele sind um die 20, eine zweite große Gruppe um die 27. Der älteste ist mein Zimmerkollege mit 33. Es ist nicht unüblich, die Reise hierher nach dem Abschluss der Schulzeit oder des Studiums wie auch in meinem Fall zu machen.Die Meisten verweilen dann, 3 oder 4 Monate hier. Ein paar wenige ein oder zwei Jahre.

An Nationalitäten gibt es hier Amerikaner, Kanadier, Norweger, Schweden, Inder, inklusive mir zwei Deutsche sowie je einen Tschechen, Russen, Kasachen, Spanier, Franzosen, Kolumbier, Kroaten, Koreaner und auch zwei Chinesen. Ausserdem gibt es noch drei Engländer, die alle James heissen, und einer zur besseren Unterscheidung deswegen wenig schmeichelhaft “James the lesser” also “James der Geringere” genannt wird.

Die meisten sind sehr sympathisch und das gemeinsam durchgestandene Training verbindet einen auch recht schnell. Auch nach der eher kurzen Zeit habe ich es deswegen schon bedauert, als zwei die Heimreise angetreten haben.

Etwa zwei Drittel meiner Gruppe besteht aus Leuten die schon längere Zeit hier trainieren, das heisst mindestens sechs Monate. Die Anderen trainieren seit 3 Monaten oder weniger. Die Meisten hatten schon vor ihrem Aufenthalt hier Erfahrungen mit Kampfsport, es gibt aber auch Einzelne, die das hier zum ersten Mal in ihrem Leben machen.
Das allgemeine Niveau ist recht hoch. Es gibt Leute mit erstaunlichen Fähigkeiten in verschiedensten Bereichen. Zum Beispiel Beweglichkeit, Akrobatik, Fitness, Kämpfen oder auch das erzeugen von Dinosauriergeräuschen. Die Wenigsten glänzen jedoch in allen Bereichen. Die Leute haben hier ganz unterschiedliche Vorraussetzungen und sind deswegen meistens auf ein oder zwei Bereiche spezialisiert und haben dafür ihre Probleme mit anderen.

Meine Schwächen sind eindeutig meine Unbeweglichkeit sowie eine allgemeine Unentspanntheit wie ich herausgefunden habe. Ausserdem sehen die neuen Bewegungen schrecklich bei mir aus, und ich muss wieder mal mehr üben als andere Leute, damit daraus was wird.

Gut bin ich beim Treppensteigen und erschreckenderweise beim Laufen aller Art. Dabei hasse ich es doch eigentlich zu joggen.

Viele Grüße,
Johannes

Perfektes Wetter

Von Samstag auf Sonntag hat die Temperatur hier einen gewaltigen Sprung nach oben gemacht. Vorher war immer eine Jacke notwendig, jetzt ist T-Shirt angesagt. Am Sonntag haben wir die Kombination aus gutem Wetter und schlangenfreier Jahreszeit dann gleich genutzt und eine kleine Wanderung zum nahegelegenen taoistischen Tempel unternommen.
Luftlinie dürfte die Entfernung zwar nur etwa einen Kilometer betragen, da unsere Akademie aber auf einer Halbinsel innerhalb des Stausees liegt, mussten wir etwa den fünffachen Weg zurücklegen.

Der Tempel an sich sieht anders aus als erwartet. Für manchen war es auch Enttäuschend. Es liegt ziemlich viel Schutt herum, und von dem was meiner Meinung nach das eigentliche Tempelgebäude werden soll, steht nur der Rohbau. In dem mit vielen bunten Wimpeln versehenen Wäldchen nebenan gibt es diverse Hütten mit Gebetsplätzen, und überall zwischen den Bäumen liegt Müll verstreut. Auch nicht unbedingt das, was man von Mönchen erwartet.
Hier noch ein paar Bilder von der Wanderung:

Dieser Kerl aus dem Elsaß wohnt seit Freitag mit mir in einem Zimmer.

Dieser Kerl aus dem Elsaß wohnt seit Freitag bei mir mit im Zimmer.

Der Weg war manchmal etwas abenteuerlich.

Der Weg war manchmal etwas abenteuerlich.

Das Tempelgelände

Das Tempelgelände

Der genaue Sinn dieser Brücke ist ungeklärt

Der genaue Sinn der Brücke links im Bild hat sich mir bis jetzt nicht erschlossen

Viele Grüße,
Johannes

Ein paar Fotos…

Es gibt hier zur Zeit ziemlich beeindruckende Sonnenaufgänge. Dieses Foto stellt allerdings nur eine grobe Näherung dar. In der Realität erscheint die Sonne nämlich in glühendem Orange.

Es gibt hier zur Zeit ziemlich beeindruckende Sonnenaufgänge. Dieses Foto stellt allerdings nur eine grobe Näherung dar. In der Realität erscheint die Sonne nämlich in glühendem Orange.

Eigentlich war an diesem Tag hartes Training geplant. Der Meister konnte jedoch dem Vorschlag "Let's climb some trees, it's fun" keine 2 Minuten wiederstehen.

Eigentlich war an diesem Tag hartes Training geplant. Der Meister konnte jedoch dem Vorschlag "Let's climb some trees, it's fun" keine 2 Minuten wiederstehen.

 Einige Leute laufen gerne am Abgrund. Es gab auch schon Abstürze, die dank Baum gut geendet haben.

Einige Leute laufen gerne am Abgrund. Es gab auch schon Abstürze, die dank Baum gut geendet haben.

 Eine der Lieblingsbeschäftigungen unserer Gruppe bevor es die Treppe hochgeht: Testen ob das Eis auf dem See noch hält.

Eine der Lieblingsbeschäftigungen unserer Gruppe bevor es die Treppe hochgeht: Testen ob das Eis auf dem See noch hält.

Die benötigten Felsbrocken aus dem Berg zu brechen kann allerdings in schwere Arbeit ausarten.

Die benötigten Felsbrocken aus dem Berg zu brechen kann allerdings in schwere Arbeit ausarten.

Fool’s Day

Beim Morgenapell wurde heute bekanntgegeben, dass die Bezirksverwaltung aufgrund der Wirtschaftskrise Einkaufsgutscheine verteilt, und wir deswegen heute ins Dorf laufen um diese abzuholen. Das ganze kam mir schon reichlich seltsam vor, aber in China ist ja alles möglich.
Nach etwa einer Stunde Jogging waren dann die meisten auch in Yehe eingetroffen, und es machte sich etwas Ratlosigkeit bezüglich der Gutscheine breit. Es wurde dann etwas herumtelefoniert und der Meister ist irgendwann verschwunden, um dann auf einem Motorrad wieder aufgetaucht, mit dem er dann kurz darauf Richtung Akademie losgedüst ist. Wir haben den Heimweg dann per Taxi angetreten.
Am Eingang der Akademie hat uns dann ein grosses Schild auf den ersten April aufmerksam gemacht. Wer hätte gedacht dass die Chinesen diesen Brauch kennen.

Viele Grüße,
Johannes

Spiegelkauf

Gestern war ich also wieder mal in der Stadt.
Zum Einen war ich beim Friseur, und zwar zum ersten Mal seit Beginn der 90er Jahre 😉
Und dann habe ich es erstaunlicherweise sogar geschafft den Spiegel zu kaufen.

Begonnen habe ich meine Suche in dem vor einiger Zeit schon einmal erwähnten Flohmarkt. Der einzige dort käuflich zu erwerbende Spiegel war jedoch in einen ausladenden pinkfarbenen Plastikrahmen eingefasst, also eher nicht das was ich suchte. Ein Stand hatte jedoch Regale deren Fächer mit Spiegeln hinterlegt waren. Ich habe dann der Verkäuferin klargemacht dass ich so einen Spiegel möchte, nur in einer anderen Größe, woraufhin sie mich auf chinesisch vollgequasselt hat, wovon ich natürlich kein Wort verstanden habe. Schliesslich hat sie mir dann ein vier Schriftzeichen auf einen Zettel geschrieben und nach draussen gezeigt.

Damit bin ich dann also auf die Straße und habe den Zettel drei Rikschafahrern gezeigt die dort gewartet haben. Für die war es aber offensichtlich ein Rätsel was darauf stand. So habe ich dann schliesslich einem der Fahrer mittels Zeichensprache mitgeteilt was ich eigentlich möchte, und der hat mich dann zu einer Werkstatt gefahren wo ziemlich große Spiegel und Glasscheiben zugeschnitten wurden. Aus einem Reststück habe ich dann gleich zwei Spiegel in der gewünschten Größe bekommen. Als ich dann bezahlen wollte, haben mich die Leute angeschaut als wäre ich verrückt, haben dann aber auf Nachfrage 2 Kuai genommen – also etwa 20 Cent.

Alles in allem für mich eine interessante Erfahrung, was man erreichen kann ohne wirklich mit den Leuten reden zu können. Wahrscheinlich wäre es in Deutschland sogar schwieriger gewesen an den Spiegel zu kommen.

Viele Grüße,
Johannes

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Meinereiner kurz nach dem Haare schneiden, wens interessiert 😉

Wieder mal eine Woche vorbei

Diese Woche war recht anstrengend  im Vergleich zu der davor. Einzig heute, also Freitag, Nachmittag, gab es als Entspannungsprogramm einen Spaziergang durch die Burg, nachdem vormittags nochmal die letzten Reserven für das Konditionstraining mobilisiert wurden. Für diejenigen, die das zu Hause mal nachmachen wollen, man nehme eine Strecke von etwa 60m oder auch 30m hin und zurück wie hier in der Halle, und führe dann darauf folgende Aktionen so schnell wie möglich aus:

2x Sprint
Rückwärtslaufen
Sprünge aus der Hocke
Hüpfen auf einem Bein
Hüpfen auf dem anderen Bein
Sprünge mit beiden Beinen
Sprünge mit beiden Beinen rückwärts
Laufen in der gehockten Position. Manche Leute nennen das glaube ich Entengang.
Laufen auf allen vieren
Hüpfen in der Liegestützposition
Hüpfen auf einem Bein, während ein Kollege das freie Bein trägt
das selbe auf dem anderen Bein
Den Kollegen auf dem Rücken tragen

Danach folgen dann noch ein paar Übungen an Ort und Stelle, wie Kniebeugen, Liegestütze, Sprünge oder das Halten von irgendwelchen Stellungen.

Was ist sonst noch passiert? Ich habe bei einem zwei gegen eins Sparring zusammen mit meinem Partner den deutlich Kürzeren gezogen und ich habe ein paar Geheimtechniken gelernt ;). Ausserdem hat der Meister  mir den etwas rätselhaften Auftrag gegeben ihm einen etwa Din A4 großen Spiegel in der Stadt zu kaufen. Rätselhaft insbesondere deswegen, weil er das irgendwie geheimhalten wollte und auch der Übersetzer nichts davon erfahren sollte. Es hat deswegen auch  etwas gedauert bis er mir klar machen konnte was er möchte.

Mehr demnächst 🙂
Viele Grüße,
Johannes

Yehe

Yehe ist der Name des größten Dorfes hier in der Umgebung. Es hat zwar nur etwa 1000 Einwohner, stellt aber eine Art Zentrum für die ganzen kleinen Siedlungen hier dar. Es gibt dort alle möglichen Läden, Krankenhaus, Post und eine Wäscherei, die vor ein paar Tagen aufgesucht haben. Bei dieser Gelegenheit sind die nachfolgenden Fotos entstanden. Es ist nicht ganz einfach den Eindruck den man hier erhält auf Bildern einzufangen. Was hier vielleicht noch nicht so gut rüberkommt ist, dass ziemlich viel Müll in der Gegend herumliegt und viele Hühner, Gänse und Enten herumlaufen. Sämtliche Tiere sind hier übrigens freilaufend, wenn sie nicht gerade durch die Gegend gefahren werden wie die Pferde auf dem blauen Lastwagen.
Eher untypisch ist, dass so wenige Menschen auf den Straßen sind. Das lag daran, dass der Tag ziemlich verregnet war. Normalerweise war immer deutlich mehr los.

Viele Grüße,
Johannes

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Wenn mal kein Schachtdeckel zur Hand ist...

Wenn mal kein Schachtdeckel zur Hand ist...

Die genaue Position

Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an die Landkarte aus dem ersten Post. Ich habe inzwischen herausgefunden wo die Schule genau liegt, und dies im Bild unten mit dem roten Kreis markiert. Der gelb markierte Abschnitt der Strasse ist die Strecke, die jeden Tag etwa zwei mal zum Jogging verwendet wird.

Viele Grüße,
Johannes

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Restaurantbesuche

Dieses Wochenende war gemeinsames Weggehen mit meiner Gruppe samt Meister angesagt.
Wir waren in einem Restaurant wo sich in der Mitte der Tische ein über einer Gasflamme angebrachter Kessel mit kochendem Wasser befand. Man hat dann hauptsächlich dünn geschnittenes Fleisch und Wurst bekommen, was man dann in den Topf geworfen und nach kurzer Zeit wieder herausgefischt hat um es zu verzehren. Durch dieses Verfahren gestaltete sich das Essen nicht wirklich effizient, aber dafür sehr gesellig 🙂

Zu dem Fleisch gab es dann verschiedene Soßen und Dips, welche bis auf eine schlicht und einfach scharfe Variante alle sehr uneuropäisch geschmeckt haben. Ich werde mir noch eine Weile Zeit lassen, bevor ich entscheide ob mir das nun gut oder schlecht schmeckt.

Wie auch letztes Wochenende hat sich wieder gezeigt, dass Restaurantbesuche zu den Dingen gehören die hier im Vergleich zu Deutschland wirklich günstig sind. Die gesamte Aktion hat inklusive dem Bier, um die gesamte Mannschaft betrunken zu machen, umgerechnet ungefähr 2 Euro pro Person gekostet.

Was auch beachtenswert ist, sind die Jobs die die Leute hier ausführen.
So gab es zum Beispiel eine Frau am Eingang des Restaurants, die sich nicht vom Fleck bewegt hat und ausschließlich Gäste begrüßt und verabschiedet hat. Oder die zwei Einweiser für den Parkplatz  mit vielleicht 10 Stellplätzen, die dort ausschliesslich darauf gewartet haben dass ein Gast mit Auto ankommt, um diesem dann beim Parken behilflich zu sein. Dies kommt allerdings nur selten vor, da nur wenige Chinesen ein Auto besitzen, und 95 Prozent des Verkehrs aus Taxis und Bussen besteht.
Wenn allerdings tatsächlich mal jemand Parken will, dann ist die Hilfe nachdem was ich gesehen habe auch bitter notwendig. Rückwärts einparken ist hier definitiv keine weit verbreitete Fähigkeit.

Bis demnächst,
Johannes

Schulpolitik und mehr

In einer Sache hatte ich wohl ziemliches Pech. Und zwar wurden ungefaehr einen Monat vor meiner Ankunft hier saemtliche Meister entlassen, nachdem sie teilweise 10 Jahre oder mehr hier unterrichtet hatten.

Der Grund dafuer war wohl, dass eine neue Schulleiterin eingesetzt wurde, die dann innerhalb kurzer Zeit verschiedene Aenderungen angeordnet hat, die bei den Meistern keine Zustimmung gefunden haben. Nach diversen Streitigkeiten kam es dann letztendlich zu der Entlassung. Einige der Schueler haben daraufhin aus Protest ebenfalls die Schule verlassen.

Es gab dann zwei oder drei Wochen gar kein offizielles Training, bis dann die neuen Meister gefunden waren, die jetzt unterrichten. Immerhin bin ich nicht in dieser unguenstigen Phase hier eingetroffen.

Es ist natuerlich schade, dass ich praktisch zu spaet hier aufgetaucht bin, da die vorigen Meister laut Berichten der schon laenger anwesenden Schueler deutlich erfahrener und besser waren als die jetzigen. Andererseits kann ich schwer vermissen was ich nicht kenne, und mein Meister ist ein liebenswerter Kerl, der seine Disziplin hervoragend beherrscht, auch wenn er mit 21 Jahren sicher noch nicht der beste Lehrer ist. Seine Ausbildung hat er im Shaolin Tempel erhalten, er ist jedoch kein Moench. Der Unterricht ist fuer ihn ein normaler Job.

Ansonsten hat er zwei Seiten. Eine ernste, mit der er uns gnadenlos antreiben kann seine Liste der Konditionsuebungen durchzuarbeiten. Gestern zum Beispiel habe ich irgendwann die Stockhiebe dem weiteren verharren in der Handstandposition vorgezogen. Die zweite Seite ist sein extrem kindliches Gemuet. Ich habe sowas noch nie gesehen bei jemand ueber 20. Ich denke es kommt auch daher, dass er in seinem Leben ausser Training noch nicht viel erlebt hat. Es aeussert sich dann darin, dass er riesige Felsbrocken den Abhang hinunterrollt wenn sich die Moeglichkeit dazu ergibt, sich von den Schuelern  mehrere Meter hoch in die Luft katapultieren laesst oder auf der Burgmauer am Abgrund von Zinne zu Zinne zu huepft.

So, das wars fuer heute. Viele Gruesse,

Johannes

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